Franziska Zwink - Sopran
Schon ein ganz kleines Lied kann viel Dunkel erhellen.
Franz von Assisi
Was kam zuerst? Die Sprache oder der Gesang?
In jedem Fall gibt es Musik schon solange wie den Menschen selbst. Musik in Form von Gesang und Rhythmus. Musik ist etwas Notwendiges, etwas Natürliches. Musik ist Kommunikation und Ausdruck von Gefühl.
Man muss sich nur Kleinkinder ansehen. Bevor sie sprechen singen sie, machen Laute, um ihre Emotionen mitzuteilen, reden scheinbar mit sich selbst und ihrem Umfeld. Und das ist eine Sprache, die jeder verstehen kann, denn sie steckt tief in uns.
Musik ist außerdem ein Trick der menschlichen Psyche, sich selbst gesund zu halten.
Wer kennt das nicht: Man sitzt an einem grauen regnerischen Tag in der S-Bahn und ist geschafft von der Arbeit. Aber setzt man sich nur die Kopfhörer auf und das eigene Lieblingslied bläst kräftig in die Trommelfelle, ist alles gleich viel besser.
Vor gar nicht allzu langer Zeit gab es so etwas wie Kopfhörer oder sogar CD-Player aber noch nicht. Damals musste man sich die Musik eben selbst schaffen. Entweder indem man in Konzerte ging, bei einem netten Zusammenkommen mit Freunden Hausmusik machte, oder ganz einfach ein Liedchen sang. Und auch heute ist es immer noch etwas völlig anderes eine Aufnahme anzuhören, als tatsächlich den Musikern auf der Bühne zuzusehen und unmittelbar bei der Entstehung der Töne anwesend zu sein.
Ich singe schon mein ganzes Leben. Für mich gab es nie ein Leben ohne Musik, und dafür bin ich sehr dankbar. Doch es gibt Menschen, die waren in diesem Punkt nicht so gesegnet wie ich. Sie können Musik, gerade Vokalmusik, nicht so viel abgewinnen. Sie ist ihnen fremd. Auf klassische Musik trifft dies besonders zu.
Dabei ist an klassischer Musik quasi nichts anders als an Popmusik. Viele Menschen würden mir an dieser Stelle vielleicht gerne den Mund verbieten, aber wenn man darüber nachdenkt ist es ganz klar: Das was wir als klassische Musik kennen ist einfach das was in einer anderen Zeit populär, also Popmusik war. Es ist also ein geschichtliches Zeugnis - und was für ein wundervolles!
Ich möchte, dass diese wunderschönen Zeitzeugnisse uns noch ein kleines Weilchen länger von ihren Schöpfern und von damals erzählen. Damals, als der fromme Johann Sebastian Bach für jeden Sonntag im Kirchenjahr eine neue Kantate fabrizierte und für seine Brillanz nicht wirklich anerkannt war. Damals, als Robert Schumann Clara Wieck einen Liedzyklus schenkte, um seine von ihrem Vater äußerst unerwünschte Liebe zu bekunden. Oder damals, als Wolfgang Amadeus Mozart den drei Weberschwestern, zuvorderst der von ihm angebeteten Bravoursopranistin Aloysia, dann seiner Gattin Konstanze und auch der dritten Schwester Josepha, der ersten Königin der Nacht, unsterbliche Arien widmete.
Und auch von jetzt, da immer noch klassische Werke komponiert werden, die die Klangvorstellungen ihrer Vorgänger in Frage stellen, sie aber nicht vertreiben können. Genauso, wie das die heutige Popmusik nicht schafft.
Ich möchte dieses wunderbare Gefühl, das ich mit klassischer Musik und mit Singen verbinde, mit anderen Menschen teilen. Ihnen die Magie, die darin liegt, etwas näher bringen. Und dies kann ich am besten mit meiner eigenen Stimme. Indem ich für und mit anderen Menschen singe, durch die Musik mit ihnen kommuniziere und ihnen hoffentlich eine kleine Auszeit vom Alltag verschaffe...